Häuptlinge an den Marterpfahl

Tamedia greift hart durch: Nach den Protesten gegen den massiven Stellenabbau der letzten Tage werden die Anführer vor die Tür gestellt.

Am Donnerstag, 28. Mai, haben die Präsidenten der beiden Personalkommissionen von «Tages-Anzeiger» und «Bund» den blauen Brief erhalten, entlassen wegen überzählig. Der Schluss liegt nahe, dass sie beiden wegen ihres Engagements für die Kolleginnen und Kollegen davon gejagt werden. Daniel Suter, seit über 20 Jahren Redaktor beim «Tages-Anzeiger», und Daniel Goldstein, seit über 30 Jahren Redaktor beim «Bund», sind seit mehreren Jahren in ihren jeweiligen Personalkommissionen aktiv. Als Arbeitnehmervertretung nimmt die Peko die Interessen der Belegschaft intern wahr. Mitglieder von Personalkommissionen engagieren sich für die Anliegen der Belegschaft. Wenn Peko-Mitglieder entlassen werden, ist dies ein klares Signal des Verlages, dass er seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Sozialpartner nicht anerkennt.

Quittung für Engagement?
Daniel Suter und Daniel Goldstein sind profilierte Journalisten, die sich in den letzten Wochen intensiv und mit enormem Engagement gegen die Massenentlassungen in den Zeitungen der Tamedia AG eingesetzt – und damit auch exponiert haben. Wenn sie nun selber entlassen werden, lässt dies vermuten, dass sie für ihr Engagement bestraft werden sollen. Tatsächlich brauchen die Mitglieder von Betriebskommissionen einen besonderen Kündigungsschutz – und den Respekt des Arbeitgebers -, um ihre wichtige Arbeit unabhängig wahrnehmen zu können.

Ohne Wahlmöglichkeit
Beide Betroffene sind in einem Alter, in dem statt einer Entlassung zumindest eine vorzeitige Pensionierung in Frage kommen könnte. Den beiden Personalvertretern – wie auch vielen weiteren Tamedia-Mitarbeitenden über 58 Jahre – hat der Verlag aber nicht die Wahl gelassen, je nach finanziellem Angebot freiwillig in den vorzeitigen Ruhestand zu treten. Tamedia hat all diesen Leuten schon gekündigt, bevor klar wäre, was bei den Verhandlungen über den Sozialplan für sie herausschauen wird. Viele der älteren Betroffenen wären bereit gewesen, bei entsprechenden Leistungen freiwillig in den Ruhestand zu treten, um die Kündigung jüngerer, möglicherweise unterstützungspflichtiger KollegInnen zu verhindern.

Protest der Verbände
Der Journalistenverband impressum und die Mediengewerkschaft comedia protestierten in einer Reaktion gegen die Entlassung der beiden Peko-Präsidenten, gegen „das unmenschliche Vorgehen des Verlags Tamedia“ (auch bei den anderen Entlassungen) und gegen den massiven Abbau der Redaktionen von «Tages-Anzeiger» und «Bund» um ein Viertel, beziehungsweise ein Drittel der Mitarbeitenden. Sie wollen die die Betroffenen mit allen gewünschten Mitteln unterstützen. (pv.ch)suter_p.jpg