„Hetzkampagnen gegen unliebsame Politiker“

Marc Walder zu Frank A. Meyer, unerwidert:
„Sie nehmen doch selber Einfluss. Massiv sogar!“

Screenshot schweizer-illustrierte.ch

Bild: Screenshot schweizer-illustrierte.ch

Für viele ist es unvorstellbar, wie man sich als Journalist jede Woche mit der gleichen Person unterhalten kann, so auf jeden Fall war mein Eindruck, als kürzlich das wöchentliche Ritualgespräch „Tele Blocher“ zwischen Matthias Ackeret und Christoph Blocher seine 200. Folge feierte.

Nicht vergessen sollte man dabei, dass sich auch im Ringier-Verlag seit Jahren zwei Angestellte jede Woche „auf einen Espresso“ treffen und dabei die aktuellen Themen verhandeln.

Spannend das Gespräch vom 25. Juli 2011, in dem es richtig zur Sache geht: Journalist Meyer bittet Ringier-Schweiz-und-Deutschland-Chef Walder, bitte nicht naiver zu sein, als es der gesunde Menschenverstand erlaubt:

Glauben Sie wirklich, dass Rupert Murdoch nichts wusste von den 725 000 Pfund, die sein Sohn James, Chef seines britischen Unternehmenszweigs News International, einem Abhör-Opfer als Schweigegeld überweisen liess?

Walder ruft ihm entgegen: „Sie überschätzen den Einfluss von Murdochs Medien masslos!“ Doch Meyer winkt ab:

So argumentieren Verleger und Journalisten gerne, wenn sie kritisiert werden. Murdoch konnte, wann immer er wollte, Hetzkampagnen gegen unliebsame Politiker inszenieren. Gleichzeitig hatte er jederzeit Zutritt zu Downing Street 10.

Die britischen Boulevardjournalisten von Verleger Rupert Murdoch, die Einfluss nehmen auf die Politik, nennt er „Frontschweine“. Etwas später sagt Meyer:

Da die Demokratie nicht so leicht abzuschaffen ist, soll sie durch Medienmacht manipuliert werden. Vergleichbare Versuche aus der rechten Ecke gibt es auch in der Schweiz.

Walder antwortet:

Ich habe wirklich Mühe, Frank A. Meyer. Sie selbst schreiben seit 30 Jahren die vielleicht einflussreichste Kolumne des Landes – in der grössten Kaufzeitung der Schweiz, dem «Sonntags-Blick». Sie nehmen doch selber Einfluss. Massiv sogar!

Darauf fällt Frank A. Meyer nichts mehr ein. Vielleicht wurde die Antwort auch einfach nicht mehr protokolliert.

Haben wir das jetzt wirklich richtig verstanden? Der CEO des Schweizer Verlags, der mit dem „Blick“ die grösste Boulevardzeitung herausgibt, erinnert seinen Top-Publizisten, der sich über Manipulation durch Medienmacht beschwert, daran, dass er doch selbst nichts anderes tut „Einfluss nimmt“? Seit 30 Jahren?

Vielleicht sollte man sich einfach damit abfinden, dass Vollblutjournalisten auch immer politische Wesen sind. Und darum Objektivität höchstens vorspielen können. Ich finde, es ist keine Schande, einen Standpunkt zu haben.