Hoffen und bangen

Apples iPad soll die Zukunft der Verlage retten und den Journalismus gleich noch dazu, davon ist die ganze Branche überzeugt und jubelt «in geradezu religiös überhöhter Hoffnung» (NZZ) dem gerade lancierten Tablett-Computer zu.

iPad

Die ersten Anwendungen zeigen, dass es wohl bei der Hoffnung bleibt. Die Angebote sind viel zu teuer, bieten viel zu wenig Mehrwert und sind behaftet mit fundamentalen Missverständnissen. Peter Sennhauser und Andreas Göldi listen sie in einer lesenswerten Analyse bei netzwertig.com auf.

«Medienmanager genau wie Journalisten hoffen inständig, dass das iPad das unterspülte Geschäftsmodell ihrer Arbeitgeber, ihre ganze Branche und letztlich ihre Jobs retten werde», schreiben sie. Das schwache Abschneiden der Medienbranche zum iPad-Launch hänge, so Göldi und Sennhauser, nicht mit technischen Hindernisse zusammen, sondern gründet auf diesen Fehlüberlegungen:

«Medienkonvergenz verlangt nicht weniger, sondern mehr und bessere, originäre Inhalte. In der digitalen Medienwelt wird Differenzierung zum wichtigsten Kriterium für den Publikumserfolg.

Das Geschäftsmodell der Verleger war noch nie die Produktion von Inhalten, sondern das Gatekeeping (dank Inhalten). Geld verdienen die Verlage im Print deswegen, weil Produktion und Distribution von Printerzeugnissen so kapitalintensiv ist und darum nur wenigen offen steht.» Noch stecke die Entwicklung des iPad in ihrer frühen Phase. Die Applikationsentwickler müssten noch dazulernen, nicht nur die aus den Medienkonzernen.

Aber: «Die Medienbranche hat mit ihren ersten iPad-Versuchen gleich mehrere kapitale Fehler begangen.

Niemand hat sich die Mühe gemacht, Journalismus für dieses neue Tablet-Format neu zu erfinden und die ersten iPad-User mit echter Innovation zu begeistern. Im Gegenteil: Die meisten Medienapps bieten deutlich weniger als selbst die kostenlosen Websites der gleichen Publikationen.

Die wenigen einigermassen bemerkenswerten Erzeugnisse werden zu Phantasiepreisen verkauft. Ein Print-Jahresabo von Time Magazine kostet in den USA 20 Dollar. Für eine einzige wöchentliche Ausgabe auf dem iPad will Time aber satte 5 Dollar verlangen. Halten die Medienkonzerne ihre Kunden wirklich für so blöd?

Kostenlose Probeabos im Print sind eine Selbstverständlichkeit, Gratisinhalte im Web sowieso. Aber für Inhalte auf dieser neuen Plattform, von der die Leser erst einmal überzeugt werden müssen, wollen die Verlage von Anfang an Geld, und zwar nicht zu knapp. Die wenigen kostenlosen Angebote sind hoffnungslos kastrierte Auszüge des echten Produktes.»

Lassen wir uns überraschen, was Schweizer Verlage für das iPad basteln. Die iPhone-Apps jedenfalls waren nicht das gelbe vom Ei. Und dann gibt es ja auch noch Alternativen, das WePad etwa, heute lanciert, oder all die iPad-Klone, die da noch kommen werden