Johoho – und ’ne Buddel voll Rum

Als „Pirate Daily“ kommt das komplett von Inserenten geenterte „Heute“ daher. Die Ringier-Abendzeitung enthält ausschliesslich Werbung für einen teuer gemachten, billigen Hollywoodstreifen. Vollends aufgehoben worden ist dabei das Gebot der Trennung von redaktionellen und werblichen Inhalten, die der auch von Ringier getragene „Code of Conduct“ vorgibt.

„Was mag es die Redaktion an Schmerzen kosten, sich mit einem ganzen Heft komplett zum Hanswurst eines nicht besonders wichtigen Events zu machen?“, fragt sich der Blogwerker Peter Hogenkamp in einem Fleissbeitrag der „Medienlese„. Gemeinsam mit den spendablen Inserenten huldigen Verlag und Redaktion von „Heute“ in einem „Ad-Special“ der Filmpremiere von „Pirates of the Carribean 3“ in den Schweizer Kinos. Den Heftumschlag, fünf ganzseitige und 13 weitere Inserate, dazu ein Dutzend grössere in die Texte „eingeblendete“ Bildwerbung hat Hogenkamp gezählt, deren Erlöse er grob auf rund 150000 Fr. schätzt. Dazu noch unzählige weitere Kleinstelemente und der „brutal geenterte redaktionelle Inhalt“: fette Piraten-Beute. Damit nicht genug: Auch die Kolporteure mussten sich dem Diktat der Freibeuter unterwerfen und die Gratiszeitung iin voller Piratenmontur mit Waffen und geschminktem Gesicht unter die Leserschaft bringen. „Sowas habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen“, gesteht „Usability“-Experte Hogenkamp:. „Glückwunsch an den Verlag, mein Beileid an die Redaktion“.

Im „Code of Conduct“ der Verleger und Chefredaktoren, ausgegeben zu Beginn dieses Jahres und unterschrieben auch von Ringier, heisst es wörtlich: „Für den Medienkonsumenten muss immer klar erkennbar sein, welche Inhalte redaktionell verantwortet und welche kommerziell beeinflusst, also von Dritten bezahlt sind. Werden die Formen in der Absicht vermischt, die Medien-Konsumenten zu täuschen, leidet die Glaubwürdigkeit sowohl der Redaktion, der Verleger als auch der Anzeigenkunden der Gattung Zeitungen und Zeitschriften.“ Wie geduldig Papier doch ist. (pv.ch)