Wenn einer lang genug etwas eigentlich Banales macht, dann wird es mit Sicherheit zum Kult. So wie die Fotos von NZZ-Medienredaktor Rainer Stadler vom Sechseläutenplatz.
Angefangen hat es irgendwann im Sommer letzten Jahres. NZZ-Medienredaktor Rainer Stadler (auf Twitter: @sarsarsar) schaute aus dem Fenster seines Büros auf den eben neugestalteten Sechseläutenplatz, und fragte sich, wo es denn noch Platz hat für den freien Bürger, der sich erholen will auf der Freifläche:
Wer heilt Zürich von der Agoraphobie? Macht die Stadt mal einen schönen Platz, muss sie ihn gleich wieder vollstellen pic.twitter.com/1sw5AYPYhY
— Rainer Stadler (@sarsarsar) July 13, 2014
Fast schon machte der kleine Ärger dem Zynismus Platz:
Endlich unternimmt die Stadt Zürich etwas gegen die Wohnungsnot im noblen Kreis 8. pic.twitter.com/nkVHLAKH7x
— Rainer Stadler (@sarsarsar) July 16, 2014
Auf Anfrage schreibt Stadler, er habe in dieser Zeit ein neues Büro bezogen, und konnte so „täglich schräg von oben sehen, wie schön dieser Platz ist“. Er habe „schon lange ein Flair für grosse urbane Plätze“, weshalb er Paris bewundere: „Ich sah dann auf dem Platz viele lustige Szenen, erkannte, dass der Platz von Gross und Klein geliebt wird. Entsprechend habe ich meine Sicht und jene der Platzbesucher ’spekulativ‘ vereint und kam zum Schluss, dass es Wert ist, diesen Platz möglichst oft freizuhalten – zum Wohle aller. Das war letztes Jahr leider nicht der Fall. Veranstalter samt ihren Blechbüchsen standen wochenlang auf dem Platz – eine Faust aufs Auge.“
Millionen gab Zürich für den 6-Läutenplatz aus. Nun dient er als Abstellplatz für Blechbüchsen. #Provinzkaff pic.twitter.com/GGPuky6EmP
— Rainer Stadler (@sarsarsar) September 2, 2014
„So begann ich spontan Foto-Platzszenen zu vertwittern, und weil ich den Eindruck hatte, dass es eine Nachfrage gab, sah ich mich nicht animiert dazu, damit aufzuhören. So ist inzwischen eine nette Twitter-Galerie entstanden. Wenn sie dazu beiträgt, den Platz zurückhaltend für Veranstaltungen zu belegen, wäre es mir recht. Aber eine Kampagne möchte ich sicher nicht machen. Das wäre mir zu plump. Es wäre auch fragwürdig.“
Schon wieder ein neuer Aufbau. 6-Läuten-Platz quo vadis? pic.twitter.com/gm38HXwrXK
— Rainer Stadler (@sarsarsar) October 3, 2014
Kommen bald noch Schwinger? pic.twitter.com/XDNnyi9Zaq
— Rainer Stadler (@sarsarsar) October 12, 2014
Auch wenn ich gar nicht in Zürich wohne, sondern im nicht ganz so eng bebauten Berlin, sympathisiere ich absolut mit Stadlers Anliegen, und einige andere offenbar auch. Eine Stadt, in der sogar Gewaltanwendung damit gerechtfertigt wird, dass es zu wenige Freiräume gebe, braucht wohl nicht auch noch einen zugestellten Sechseläutenplatz. Wahrscheinlich gibt es demnächst bald eine Ausstellung dieser Tweets in einer neuen, hippen Galerie, also will ich schon mal ein paar der allerschönsten Foto-Tweets von Stadler aus der letzten Zeit kuratieren. Here we are:
So viele Hunde pic.twitter.com/Q4x9js3U7z
— Rainer Stadler (@sarsarsar) April 7, 2015
Zürich nass pic.twitter.com/XaQ7o8GuoR
— Rainer Stadler (@sarsarsar) April 2, 2015
Vorboten der Okkupation. Die Zeit des freien 6-Läutenplatzes läuft aus. pic.twitter.com/F9RBoDF8qG
— Rainer Stadler (@sarsarsar) March 31, 2015
Die lange Sitzreihe erinnert an Vögel auf einer Stromleitung. Wer hat’s schöner? pic.twitter.com/NVwaTTkAds
— Rainer Stadler (@sarsarsar) March 23, 2015
Volks-GV. Wenn das so weitergeht, muss man den Platz bald erweitern. pic.twitter.com/o2uOGFXUGj
— Rainer Stadler (@sarsarsar) March 10, 2015
Heute Frühling, mit Kind und Kegel. pic.twitter.com/gVMJ35PXvy
— Rainer Stadler (@sarsarsar) February 20, 2015
Zurück am Bellevue. Was würden die Zürcher ohne diesen Platz machen? pic.twitter.com/cIySM7PNdu
— Rainer Stadler (@sarsarsar) January 4, 2015
Draussen im Café Mitte Dezember. Zurigo. pic.twitter.com/3srhocrE8J
— Rainer Stadler (@sarsarsar) December 14, 2014
Grosse Preisfrage: wo auf dem 6-Läutenplatz bläst wieder der Alphornbläser? pic.twitter.com/vutlQIfWXp
— Rainer Stadler (@sarsarsar) December 2, 2014
GV auf dem 6-Läutenplatz? pic.twitter.com/apXCCl8Usk
— Rainer Stadler (@sarsarsar) November 4, 2014