Sportpanorama manipuliert Matchbericht

Das SRF-Sportpanorama lässt Fangesänge zu Szenen abspielen, bei denen keine Fangesänge zu hören waren.

Screenshot srf.ch
Bild: Screenshot srf.ch

Das SRF-Sportpanorama am letzten Wochenende, ein Spielbericht des Zürcher Stadtderbys Grasshoppers gegen den FC Zürich. Die Spieler laufen ein, begeisterte Fangesänge sind zu hören im Hintergrund:

Nur: diese Fangesänge hat gar nicht gegeben, denn die ersten 10 Minuten der Begegnung waren eher still. Was auf den Websites der Clubs in trauter Eintracht nachzulesen ist.

Der FCZ schreibt im Spielbericht:

„Nach 10 Minuten beendeten die beiden Fankurven den Spielboykott, so dass die bis dahin gespenstische Stimmung endlich der Ambiance eines Fussballspiels weichen musste.“

Und GC schreibt im Spielbericht:

„Nach 10 Minuten beendeten die beiden Fankurven den Spielboykott, so dass die bis dahin gespenstische Stimmung endlich der Ambiance eines Fussballspiels weichen musste.“

Dass überhaupt ein „Spielboykott“ der Fans stattfand, erfährt man im SRF-Matchbericht nicht. Statt diese Tatsache zu thematisieren, hat man einfach den Beitrag manipuliert. Ein Sprecher des Schweizer Fernsehens sagte gegenüber Newsnet:

„Um den Beitrag möglichst attraktiv zu gestalten, wurden die Fan-Gesänge nachträglich in die Zusammenfassung hineingeschnitten. Dieser Entscheid wurde unter hohem Zeitdruck gefällt. Er war falsch. Dafür entschuldigen wir uns. Selbstverständlich bildet SRF am Fernsehen die Wirklichkeit ab, Manipulationen von Bild und/oder Ton sind nicht zulässig.“

Im November und Dezember 2012 gab es in der deutschen Fussball-Bundesliga die Aktion „12:12“: Die Fangruppen verabredeten sich untereinander, die ersten 12 Minuten und 12 Sekunden ihre Mannschaften nicht lautstark zu unterstützen, hier der Hintergrund der Story. Die Medien griffen diese Tatsache selbstverständlich auf und berichteten breit, sehr breit über diese Aktionen. Der Aktion der Zürcher Fans hat ihren Hintergrund im „Gesetz über den Beitritt zum Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen“, über das in rund einem Monat, am 9. Juni, abgestimmt wird.

Wie man als Journalist überhaupt darauf kommen kann, ein solches Ereignis aktiv zu verschweigen, bleibt ein Rätsel. Die Aufgabe eines Journalisten ist in erster Linie, die Wirklichkeit abzubilden. Und wenn keine Fangesänge stattfinden, dann sollte man auch keine erfinden.

Einen Beitrag „möglichst attraktiv zu gestalten“ ist sicher auch wichtig, kommt aber natürlich erst zum Zug, wenn die Grundlagen stimmen. Solche Ereignisse, und sei es tatsächlich ein einmaliger Einzelfall, beschädigen des Renommee des ganzen SRF nachhaltig. Im Newsnet-Bericht ist völlig nachvollziehbar von Zuständen „wie in der ehemaligen Sowjetunion“ die Rede.

„Zürcher Stadtderby: Wenn im TV Stille zu Fan-Gesang wird“ (tagesanzeiger.ch, Christian Zürcher)

Nachtrag, 16 Uhr: @srfsport entschuldigt sich auf Twitter: