Beat Balzli: „Das Ausmass des Einflusses der PR-Leute hierzulande ist erschreckend“

Handelszeitung-Chefredaktor Beat Balzli trifft beinahe der Schlag, als er 2010 in Schweizer Redaktionsstuben zurückkehrt. Die Präsenz der PR-Leute dort habe ein „Ausmass erreicht, das nicht mehr gesund sein kann“.

Beat Balzli
Bild: Beat Balzli, Pressemitteilung Axel Springer

An der gestrigen Generalversammlung des Vereins investigativ.ch hat Beat Balzli eine Rede gehalten, die ich gerne gehört hätte. Immerhin, online verfügbar ist sie, in zusammengefasster Form:

„Agendasetting muss Sache der Journalisten sein!“

Balzli, Gewinner mehrerer Journalistenpreise, ab 2001 beim „Spiegel“ und seit Oktober 2010 Chefredaktor der „Handelszeitung“, zählt in seiner Rede nicht nur Gründe für das „PR-Unwesen“ in der Schweiz auf („Die Kreise sind klein“, „Schweizer Journalisten wollen geliebt werden“, „Bequemlichkeit“). Er gibt auch Tipps, wie der Journalist „dem süssen Gift“ der Primeurs nicht erliegt und erklärt den Umgang damit in seiner Zeitung. In anderen Redaktionen sehe das anders aus:

Auch auf unsere Redaktion erhalten wir permanente Anrufe von Spin Doctors, die mit (angeblichen) Enthüllungen und Primeurs aufwarten. Lehnen wir es ab, auf solche gesteckten Informationen einzutreten, weil sie nicht relevant genug oder nicht ausreichend gesichert sind, kann ich die Geschichte danach meist in einem anderen Medium lesen.

Übrigens: Die nicht ganz aktuell gehaltene Website von Balzli zeigt auch noch ein anderes Talent des Journalisten, das Fotografieren:

Die Werke sind eine Synthese zwischen klassischer Fotografie und digitaler Bildbearbeitung. Es ist nichts geschnitten und nichts kopiert. Der Aufbau des Originalfotos wird nicht verändert, sondern nur dessen Kontraste und Farben – coloured reality.

  1. Ich war am Vortrag von Herrn Balzli. Zentraler Punkt seines Vortrages: Leute strengt euch an, ihr müsst die Agenda bestimmen und nicht bei PR-Leuten um Geschichten betteln gehen. Die Kritik von Ihnen, Herr Balsiger, zeugt einzig davon, dass Sie nicht dort waren. Ich fand die Einblicke, die Herr Balzli gewährte sehr spannend, erhellend und als junger Journalist auch inspierierend.

  2. Mit Verlaub, aber diese Platte ist etwa so alt wie die Songs, die uns auf den Trallala-Radiostationen als Oldies verkauft werden.

    Ein oft verwendetes Zitat sei hier bemüht:

    ”Das Verhältnis zwischen PR-Leuten und Journalisten ist wie das Verhältnis zwischen Dealern und Junkies.”

    (Das Zitat wird dem deutschen PR-Guru mit passendem Namen Klaus Kocks zugeschrieben.)

    Auch wenn es in diesem Umfeld unpopulär gewesen wäre, hätte Beat Balzli auch den eigenen Berufsstand kritischer betrachten können. Der umgekehrte Weg kommt ähnlich oft vor: Journalisten betteln bei den PR-Leuten wie Junkies um Stoff. Manchmal ist dieser hochwertig, oft aber auch massiv gestreckt und regelmässig bloss Waschpulver. Für ein News-Flash – gross und aufgeregt aufgemacht – reicht es aber immer. Machen Sie morgen Sonntag einen systematischen Check!

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