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1. Mai: Verzeigungen und Behinderungen gegenüber Journalistinnen und Journalisten

Offener Brief an Stadträtin Karin Rykart am Tag der Pressefreiheit

Sehr geehrte Frau Rykart

Die Ereignisse an diesem 1. Mai haben uns alarmiert. Die Polizei hat ausgewiesene Journalistinnen und Journalisten bei der Berichterstattung behindert und sogar Anzeigen gegen sie erstattet.

Der ZPV und impressum fordern die zuständigen Behörden auf, diese Anzeigen mit sofortiger Wirkung zurückzuziehen. Denn sie verletzen die Pressefreiheit und sind nicht durch das Prinzip der Verhältnismässigkeit legitimierbar.

Der Zürcher Presseverein ist die wichtigste Organisation von Journalistinnen und Journalisten auf dem Platz Zürich, und impressum die grösste Organisation von Journalistinnen und Journalisten der Schweiz.

Auf Ihrer Website steht hervorgehoben, dass es einen «fairen und kooperativen Dialog auf der Basis gegenseitigen Vertrauens» braucht. Dem Leitbild der Stadt Zürich ist ausserdem zu entnehmen, dass die «Glaubwürdigkeit durch Zuverlässigkeit, Transparenz und die Übereinstimmung von Regen und verbindlichem Handeln» gesichert wird. Wir wollen das glauben und vertrauen darauf, dass Sie mit dem Rückzug der Anzeigen zeigen, dass Sie freie, unabhängige Medien als Teil dieser offenen Gesellschaft betrachten.

Am 3. Juli 2020 hat sich eine Delegation von Journalistinnen und Journalisten sowie Vertretenden Ihrer Organisationen an einem freundlichen Gespräch mit Ihnen und Herrn Kommandant Blumer ausgetauscht. Dabei wurde gegenseitig unterstrichen, wie wichtig der Schutz der Medienfreiheit ist, und zwar nicht nur für die Journalistinnen und Journalisten, sondern vor allem für die Bevölkerung und die demokratische Gesellschaft, in der wir leben wollen. Wir riefen Ihnen die Bedeutung des Schweizer Presseausweis BR in Erinnerung und auch, dass dieser allen journalistisch tätigen Medienschaffenden offensteht, die sich an die ethischen Prinzipien des Presserats halten, nämlich die Schweizer «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten», also den sogenannten Journalistenkodex. Das gilt für alle Journalistinnen und Journalisten unabhängig von ihrem Medium, wozu traditionelle Medien genauso wie neue Plattformen gehören. Wir freuen uns auf die Fortführung dieser Gespräche und hoffen, dass ihnen bald konkrete Massnahmen folgen, welche Ereignisse wie an diesem 1. Mai effizient vorbeugen.

In einer offenen, demokratischen und rechtsstaatlichen Gesellschaft ist es die Aufgabe aller Behörden, die Pressefreiheit zu schützen und wenn nötig Journalistinnen und Journalisten bei ihrer Arbeit aktiv zu unterstützen. Sie zu behindern, ist demokratisch legitimierten Behörden nicht würdig.

Wir vertrauen darauf, dass Sie die Wichtigkeit des Rechts auf Information der Bevölkerung und damit des Schutzes der Journalistinnen und Journalisten erkennen und nach diesem Schreiben die notwendigen Schritte unternehmen.

Mit freundlichen Grüssen

Franca Siegfried, Präsidentin impressum
Janosch Tröhler, Präsident ZPV
Urs Thalmann, Geschäftsführer impressum